Auswirkungen der Elektrifizierung auf den Autohandel

Welche Effekte lassen sich aus der Umstellung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auf Elektroautos für das Geschäftsmodell „Werkstattgeschäft“ in Autohäusern ableiten?
Bei den Neuzulassungen gab es im vergangenen Jahr den bisher grössten Zuwachs an Elektro- und Hybridfahrzeugen auf dem deutschen Markt. Nach Angaben des KBA entfielen im September 2020 drei von zehn Neuzulassungen auf diese Fahrzeuggruppe, im Vorjahreszeitraum war es nur einer von zehn.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die derzeit von der Regierung gewährten Umweltprämien sicherlich die Anreize in diesem Sektor erhöht haben, aber es gibt zahlreiche weitere Fakten und Zahlen, die den Trend zum Wandel belegen. Eine davon ist die Veränderung der Produktpaletten der Hersteller. Volkswagen, der Branchenprimus in Deutschland, erwartet bis 2025 einen Marktanteil von 25 Prozent für Elektrofahrzeuge, während Volvo seit 2020 keine klassischen Modelle mehr entwickelt.
Die Strategie der Hersteller scheint also durchschaubar – aber welche Auswirkungen hat das auf das Werkstattgeschäft des Einzelhändlers?
Nach dem von Panoff Consulting entwickelten Transformationsmodell sind fünf organisatorische Bausteine zu berücksichtigen, die im Folgenden kurz und prägnant erläutert werden:
Struktur

Die Struktur eines Oldtimer-Autohauses wird grundlegend umgebaut. Die vielen Hebebühnen und Reparaturplätze werden in Zukunft nicht mehr benötigt, da der Reparaturbedarf insgesamt deutlich reduziert wird. Laut DAT-Report 2018 liegt der Anteil der Reparatur- und Unfallarbeiten bei rund 45 %, während die Wartungsarbeiten mit rund 55 % den Löwenanteil ausmachen.

Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte des derzeitigen Geschäfts vor dem Aus steht, da elektrisch betriebene Fahrzeuge einen großen Teil dieser Arbeit nicht mehr benötigen. Zudem müssen sich die Autohäuser mit der Anschaffung von Ladestationen beschäftigen, was bisher mit hohen Kosten verbunden ist. Wie rechnet sich die Ladeinfrastruktur?
Mitarbeiter

 

In 10 Jahren werden die Qualifikationen der Mitarbeiter in Autohäusern deutlich anders aussehen müssen als heute. Aus den oben genannten Gründen lässt sich ableiten, dass der klassische Mechaniker und Mechatroniker nicht mehr in grosser Zahl benötigt wird.
Vielmehr werden auch in der Werkstatt digitale Kompetenzen gefragt sein, da sich die Herausforderungen des Fahrzeugnutzers in den Bereich der Konnektivität zwischen Fahrzeug und Nutzer verlagern werden. Themen wie Software-Updates per Over-the-Air-Technologie oder die App-Steuerung des Fahrzeugs müssen ebenso zum Repertoire eines Servicemitarbeiters gehören wie das Wissen um die neuen Antriebe und Batterien.
Prozesse

 

In Zeiten der Digitalisierung befinden sich Werkstattprozesse längst im Umbruch. Die Umstellung auf elektrisch betriebene Fahrzeuge ist dabei nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Konkret bedeutet das, dass es in Zukunft vielleicht keine Unterscheidung mehr zwischen Serviceberatern und Werkstattmitarbeitern im Werkstattprozess vor dem Kunden geben muss.
Unserer Prognose zufolge werden die oben genannten Fragen nicht mehr zwangsläufig von einem Arbeiter in Arbeitskleidung beantwortet, sondern von einem digital versierten Serviceberater. Das revolutioniert den Prozess für den Kunden insofern, als dass ein Problem in viel kürzerer Zeit gelöst wird als bei der traditionellen Wartung.
In diesem Zusammenhang müssen neue Erlöskonzepte für den Händler identifiziert werden (heute sind z.B. sogenannte „App-Enrollments“, d.h. die Aktivierung der Verbindung zwischen Fahrzeug und Smartphone, bei vielen Herstellern kostenlos).
Informationstechnologie

 

Künstliche Intelligenz und Fahrzeugkonnektivität sind von zentraler Bedeutung für die strategische Verlagerung weg von Verbrennungsmotoren hin zu Elektrofahrzeugen. Probleme im Fahrzeug werden nach der Freigabe automatisch an den Händler weitergeleitet, was bedeutet, dass die Systeme bei den Händlern (und Herstellern) immer wichtiger werden.
Die Händler müssen darauf vorbereitet sein, online (über die Fahrzeuge) gebuchte Kundentermine entgegenzunehmen. Eine notwendige Voraussetzung dafür ist die Standardisierung der Leistungen in der Werkstatt, damit überhaupt Terminplätze eingerichtet und vergeben werden können.
Darüber hinaus ist insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung des Agenturmodells für E-Fahrzeuge eine einheitliche Kundenstammdatenbank zwischen Hersteller und Händler erforderlich, um einen bestmöglichen Kundenservice zu gewährleisten.
Leiterschaft

 

Um die vier organisatorischen Bausteine eines erfolgreichen Werkstattbetriebes optimal durch den anstehenden Wandel zu führen, bedarf es einer Führungsmannschaft, die diesen Wandel proaktiv und vor allem frühzeitig einleitet. Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, als Leader und nicht als klassischer Manager zu agieren. Die bestmögliche Bewältigung der aktuellen Situation reicht nicht mehr aus, um den veränderten Anforderungen des Marktes gerecht zu werden.

Lambert Görsdorf​

Berater

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